In einer kreativen Gruppenarbeit fragt mich Tilly, ob ich mit der Arbeit zufrieden sei. Genauer gesagt, fragt er mich: "Frau Neumann, äh, tschuldigung, Frau Dingens, geht das so?" Ich liebe diese so präzise ausgefeilte Fragestellung, weil ich dann immer genau weiß, was die Schüler wissen wollen und ich kann daraufhin auch immer so präzise Hinweise geben. Auch wenn ich jetzt schon in Tateinheit mit Frau Neumann als gespaltene Persönlichkeit auftrete, kann ich nicht so recht antworten. Ich lege meine Hand ans Kinn und suche mit geschulten Kennerblick nach den richtigen Worten. Warum lernt man sowas eigentlich nicht schon in der Ausbildung?
Der nun doch schon als junger Mann zu bezeichnende Schüler schaut mich erwartungsvoll an. Ich kenne ihn lang genug um zu wissen, dass er schon mit einem uneingeschränkten Lob rechnet. Vermutlich auch aus diesem Grund muss ich ein bisschen nach Luft ringen. Tilly beginnt zu erklären. Ich entgegne ihm ruhig, dass ich weiß, dass es sich bei seiner Darstellung um eine Karikatur handeln soll. Weiter erkläre ich, dass eine Karikatur nicht funktioniert, wenn sie erst ausführlich erklärt werden muss. Das wisse er natürlich und schüttelt dabei den Kopf. Wahrscheinlich denkt er gerade, dass ich völlig inkompetent sei. Das macht aber nichts, denn da steh ich drüber, weil ich hab meinen Hochschulabschluss schon. Er nicht!
So gehe ich nochmal in mich, lege die Stirn in Falten und schinde Zeit für eine richtig gute pädagogisch wertvolle und diplomatische Antwort. So sage ich: "Ich finde deine Idee wirklich gut. Du bist wirklich kreativ. Aber du musst das plakativer machen!" - "WAS? Ich soll noch ein Plakat machen?!"
Jetzt muss ich dem Jungen noch erklären, was plakativ heißt. Das tue ich auch, aber nicht hier...
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