Heute Mittag hatte ich Aufsicht in der Cafeteria. Bei dieser Aufsicht geht es in erster Linie darum, die Kinder zu guten Tischmanieren (wie beispielsweise Essen mit Besteck und Eintopf nicht vom Brot abschlabbern) und zu Sauberkeit (also nicht die ungeliebten Zwiebelstückchen mit dem Löffel aus dem Teller quer über den Tisch zu katapultieren) zu animieren.
Nach dem Mittagessen verweigerte ein sonst äußerst friedlicher und liebenswerter Schüler das Tischabwischen. Er verließ mit nicht zu überhörendem Gemaule den Raum und verweigerte schlichtweg die von mir aufgetragene Aufgabe und das obwohl er derjenige war, der verschiedene Bestandteile seines Eintopfes über den Tisch verteilte. Egal, was ich sagte und egal, wie ich es sagte - nichts wirkte. Selbst die Drohung eines Cafeteria-Verbotes für eine Woche stieß nur auf ein gelangweiltes Schulterzucken. Mein Standpauke perlte an ihm ab, wie der Regen an so einer neumodernen nanobeschichteten Oberfläche.
Ich war enttäuscht, aber vor allem wütend und zwar so unfassbar wütend, dass mir die Tränen kamen. Beim Weg über den Schulhof, zurück ins Lehrerzimmer, riefen mir ein paar Schüler nach: "Was'n los Frau Dingens?" Wie ein trotziges Kleinkind hätte ich am liebsten mit dem Fuß aufgestampft, mir die Rotze mit dem Ärmel von der Nase gewischt und ihnen mitgeteilt, dass der Christoph ein beschissenes, verficktes Arschloch ist und dass er sich mal selber ficken könne. Aber da ich ja wieder so irgendwas mit Pädagogisch sein muss, blieb es dann nur bei einem lauten und wütendem "Nichts!"
Nach dieser eiskalten Abfuhr wieder im Lehrerzimmer angekommen, wühlte ich in meinen Papierstapeln und fluchte leis vor mich hin. Zum einen, weil ich so einen verfluchten, verfickten Kackzettel suchte, auf dem ich mir heut Notizen und Noten zu Referaten der Neunten vermerkt habe und zum anderen, weil dieser beschissene Stapel an Kurztests auf meinem Schreibtisch einfach nicht kleiner wird. Neuerdings mache ich ja auch noch Heftkontrollen. Diese sagenhaft fantastische Idee hatte ich wahrscheinlich, weil damit die Stapel auf meinem Schreibtisch auf diese Weise noch schneller in unermessliche Höhen wuchern können. Der überaus sympathische Herr Schiller, der mir gegenüber sitzt, strahlte mich mit seinen blauen Augen an, zwinkerte und fragte nur: "Frau Dingens, na wat is los?"
Da konnte ich nicht mehr, da brach es aus mir raus und zwar alles. Das mit den verfickten Stapeln auf meinem Tisch, die einfach ums Verrecken nicht kleiner werden wollen. Das mit dem beschissenen Zettel mit den Noten der Referate. Dann zu allerletzt noch das widerlich großkotzige Benehmen von Christoph. Und das alles nur wegen zwei Stullen, die der Meier auf dem Tisch liegen lassen hat und weswegen der Christoph den Tisch nicht abwischen wollte.