Freitag, 26. Oktober 2012

Abenteuerspielplatz Bundeswehr

Der gestrige Ausflug liegt mir immer noch schwer im Magen und zudem fällt es mir schwer zu erklären, warum ich mich darauf eingelassen habe. Meine Klasse besuchte das Logistikbataillon der Bundeswehr. Wenn man Kritik übt, dann beginnt man doch immer mit dem positiven. Dann tue ich das doch auch. Am Morgen regnete es noch, doch später verzogen sich die Wolken und es blieb weitgehend trocken. Das Essen in der Bundeswehrkantine war richtig gut und der Tag war komplett für lau. Naja, finanziert von Steuergelder und somit letztendlich dann doch wiederum von unter anderem mir bezahlt.
Fällt das dann unter Negativ? Die Mädels und Jungs sollten sich doch einfach nur mal anschauen, wie die bei der Bundeswehr arbeiten und was die da so den ganzen Tag machen. Das Ganze selbstverständlich ganz unpolitisch und ohne die Absicht die Jugendlichen militarisieren zu wollen. Ich bin fast geneigt den Soldatinnen und Soldaten vor Ort zu glauben. Meine Bauchschmerzen kommen daher, dass da alles so schrecklich unkritisch ablief. Schließlich sind wir doch bei der Bundeswehr und ein Soldat sprach davon, dass sich die Bundeswehr zunehmend zu einer Einsatzarmee entwickelt. Aber was das genau bedeutet, wollte keiner wissen. Warum auch?!
Schließlich bekamen die jungen Leute endlich schweres Gerät zu sehen. So kletterte Anni und Sonja auf einem fast 40 Jahre alten Bergepanzer rum und zwar einem Leoparden1. Der Soldat erklärte mit leicht ironischem Unterton die technischen Daten und wie unglaublich sicher und stabil dieses Ding sei. Er merkte schnell, dass das die Mädels natürlich nicht interessierte. Manchmal hatte ich das Gefühl, er spürte meine Skepsis und er wolle nun mich überzeugen. Anni war endlich in dem Leoparden drin und kicherte nur: "Oh schau mal, da kann man rausgucken..." Im Anschluss an die Kletterpartie auf dem Panzer gab es eine kleine Ausfahrt über das Übungsgelände. Wir hatten die Wahl. Ich saß mit Sandra in einem Wolf und wurden dabei gut durchgeschüttelt. Ich versuchte mich in Small-Talk mit dem Soldaten. Das ging auch ganz gut, bis ich ihn danach fragte, ob er schon mal im Ausland war. Hier antwortete er nur kurz und schmallippig: "Anfang des Jahres war ich im Kosovo." Dann traute ich mich plötzlich nicht mehr weiter zu fragen. Vielleicht wollte ich ja auch gar nicht so genau wissen, wie das ist, so ein Auslandseinsatz. Später berichteten Ina und Michaela über ihre Fahrt im Wolf. Das war fast so witzig wie eine Fahrt mit der Achterbahn.
Später gab es noch das Spiel "Such den Soldat". Die potentiellen neuen Soldaten durften mit Ferngläsern im Gelände getarnte Soldaten suchen. Aber das Highlight war natürlich als sich die jungen Leute auch noch selbst mit Tarnschminke die perfekte Tarnung ins eigene Gesicht schmieren durften. Elsa und Torben liefen den restlichen Tag mit grüner und schwarzen Tarnfarbe im Gesicht rum. Alle fanden das lustig, nur Sandra bemerkte: "Sieht irgendwie gruslig aus..."
Stimmt und richtig gruslig wurde es dann bei der Vorstellung der persönlichen Sanitätsausstattung eines Soldaten. Darin finden sich nämlich  nicht nur Pflaster, Mullbinden und Kompressen, sondern auch Morphium und ein Blutstillmittel. Diese Blutstillmittel ist ein Granulat, welches in die Wunde gedrückt wird und das Blut bindet. Diese Prozedur soll äußert schmerzhaft sein, wusste der Soldat zu berichten. Die Schüler fanden diesen Vortrag vermutlich relativ langweilig. Spannender wurde es als zwei "Freiwilligen" ein ABC-Schutzanzug mit Gasmaske und Gummihandschuhen übergezogen wurde. Großes Gelächter gab es noch als Sven mit schusssicher Weste, Helm und Rucksack Kniebeugen machen sollte und dabei fast umfiel. Mir lief es eiskalt über den Rücken, denn plötzlich war es glasklar. Es geht um Krieg!
Insgesamt war es ein interessanter Tag. Ich fürchte nur, dass zu viele meiner Schützlinge den Eindruck bekommen haben, dass die Bundeswehr ein großer Abenteuerspielplatz sei. Schließlich wollen jetzt einige Schüler ein Praktikum dort machen. Kann ich denen das eigentlich verbieten?

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