Wenn man in Berlin ist, muss man eine Currywurst essen, so heißt es. Gesagt, getan. Meine Schwester steuert zielsicher die erste Bude an. Zugegeben wirkt sie unter der Eisenbahnbrücke etwas schrabbelig und nicht sonderlich vertrauenswürdig. Ein älterer Herr steht hinterm Tresen. Er steht mit dem Rücken zu uns und werkelt seelenruhig vor sich hin. Nach einer kleinen Weile dreht er sich um. Er schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Sein Blick sagt deutlich, dass er sich die Formalitäten heute spart. Schließlich wissen wir doch beide, worum es jetzt geht.
Ich grüße freundlich, bestelle Currywurst mit Pommes dazu Getränke, sage höflich„bitte“ und warte auf eine Reaktion. Er beginnt zu arbeiten, wortlos nimmt er zwei Teller, legt jeweils eine Wurst drauf und beginnt zu schneiden. Die Frage nach mit oder ohne Darm spart er sich, vermutlich erkennt er diese Touristen schon von weitem und die haben sowieso keine Ahnung. Und damit hätte er bei uns Recht gehabt.
Das Geld habe ich schon in der Hand. Ich warte darauf, dass er mir sagt, was es kostet. Er quetscht die Soße aus einer Flasche auf die Würste und dreht sich dann um. Er zieht eine große Tüte Pommes unter der Arbeitsfläche hervor. Mit mir zugedrehten Rücken fragt er „Mayo?“. Ich antworte reflexartig „Gerne“. Pommes und Mayo landen auf den Tellern. Er sagt: „17,80€“. Ich lege meinen Schein auf Tresen und erwarte das Wechselgeld. Doch er stellt nur unsere zwei Teller nach oben und fragt die nächsten Kunden, was sie haben wollen. Ich bin irritiert. Da liegt mein Geld offen auf dem Tresen! Ich will es wieder in meine Manteltasche stecken. Schließlich kann ich auch noch später bezahlen. Er sagt: „Lass ruhig liegen.“ Dann legt er den Schein neben seine Kasse und bedient die weitere Kundschaft.
Wir essen. Es ist gut. Pommes mit Currywurst eben. Ich denke über mein Wechselgeld nach. Plötzlich tippt mit Jemand auf die Schulter. Der ältere Herr legt mir mein Wechselgeld auf den Tisch. Es stimmt. Ich hatte vorher nachgerechnet. Ich schäme mich ein bisschen, weil ich so misstrauisch war.
Wir essen also noch auf, plaudern über dies und das. Meine Schwester wirft den Müll weg und stellt die Teller dann zurück auf den Tresen. Er schaut sie freundlich lächelnd an und fragt, ob es uns geschmeckt hat. Dit is Berlin.