Donnerstag, 2. Dezember 2010

Call me, Baby

Es war heut wieder ein ganz besonderes Vergnügen für mich in die 9A zu gehen, denn ich mag sie. Eine ganz eigenwillig liebenswerte Truppe: 15 Jungs und 4 Mädchen. Hier kocht sozusagen das pubertäre Testosteron. Und das kann man wörtlich nehmen.
Heut in der ersten Stunde begrüßte mich Karl direkt mit leuchtenden Augen: "Ach Frau Dingens, ich hab mich schon auf Sie gefreut. Sie sehen heut wieder echt scharf aus." Und das war nicht das erste Mal. Schon mehrfach musste ich solch billige Anmachen einiger Schüler abwehren. Da war auch Karl schon immer ganz vorn dabei, vor allem sein legendäres Angebot führte im Kollegium zu lautstarkem Gelächter und wird gern wieder aufgegriffen, um sich nach dem aktuellen Stand der Dinge zu erkundigen.
In der zweiten Stunde gab es doch tatsächlich auch mal eine fachliche Frage von Tony, die dann aber von Dennis jäh unterbrochen wurde, indem er Tony zurief: "Vergiss es, du bekommst ihre Handynummer nicht!" Worauf Tony mich fragte, ob ich denn seine Nummer haben möchte. Ich zuckte nur die Schultern und antwortet, er solle sich keinen Zwang antun. Noch ehe ich diesen Satz beendet hatte und auch nicht mal im entferntesten daran dachte, welche Konsequenzen das haben könnte, hatte ich einen Zettel mit einer Handynummer in der Hand. Tony grinste von einem Ohr zum anderen und erklärte mir dann, dass er sich auf meinen Anruf freuen würde. Wenn ich geahnt hätte, was jetzt kommt, hätte ich - ja hätte ich anders reagiert? Nein, ich glaube nicht, denn ich fand es lustig, wie dann plötzlich weitere Jungs begannen Zettelchen zu schreiben und mir dann zuriefen: "Frau Dingens, wollen Sie auch meine Nummer? Ich bin Single! Keine Angst, ich tu ihnen auch nichts!" Ich lachte herzlich. Dann ging ich durch die Reihen und sammelte mir die Handy-Nummern von drei weiteren Schülern ein.

Handynummern meiner Schüler, natürlich unkenntlich gemacht - versteht sich

Doch dann musste ich meinen Jungs mal was klar machen: Ich werde nie mit ihnen ausgehen oder mit ihnen einen trinken gehen, solange sie meine Schüler sind. Wenn ich privat bin, möchte ich keine Schüler um mich haben - ausgeschlossen. Außerdem frage ich mich, wie diese pubertierenden Neuntklässler auf die absolut weltfremde Idee kommen, dass eine - ausgesprochen gutaussehende, junge, charmante, witzige - Lehrerin sich privat mit ihnen treffen möchte. Wie bekloppt!

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