Mittwoch, 29. Februar 2012

Darf man Schüler dissen?

Nachdem ich gestern einen Tag krankheitsbedingt ausfiel, wurde ich heut mit besonders lieben Worten meiner Schüler begrüßt: "Och, Frau Dingens, Sie sind ja wieder da. Sie hätten ruhig länger krank sein können. So mindestens bis morgen..." Ich liebe diese Sätze, die so völlig unvermittelt und ohne jede Einleitung beginnen, von einem "Guten Morgen" ganz zu schweigen. Aber ähnlich heiter ging dieser Tag auch weiter.

Bei der Mittagsaufsicht kümmerte ich mich mal wieder darum, dass die lieben Kleinen auch brav ihren Tisch abwischen. Das verläuft meist völlig problemlos. Doch heute hatte ich es mit einem mittelschweren Fall zu tun. Einen schweren Fall von Tischwischverweigerung hatte ich hier schon mal beschrieben. Heute weigerte sich Reiner  geradezu boshaft meiner Aufforderung den Tisch abzuwischen. Gute Gründe hatte er natürlich allemal. Das tangierte mich aber eher peripher, da er eben einfach dran war. Ich hasse diese Momente, denn in Ermangelung eines Druckmittels wie schlechte Noten oder die Androhung von Schlägen musste ich mir etwas anderes einfallen lassen und zwar schnell, denn Reiner zog mit einem fiesen Grinsen im Gesicht ab. Also hieß das Motto: "Blamieren oder kassieren!" Und ich entschied mich für blamieren und zwar Reiner auf dem versammelten Schulhof blamieren. Ich brüllte quer über den Schulhof, der zur großen Mittagspause natürlich gut gefüllt war. "Reiner ist so ein Mädchen, der will den Tisch nicht abwischen." 
Zwei Mädchen, die neben mir standen, hatten vor lauter Lachen eine gesunde rote Gesichtsfarbe und schon fast Tränen in den Augen. Offensichtlich hatte ich so ganz spontan genau den richtigen Ton getroffen. Diese Reaktion spornte mich an und ich hatte schon zahlreiche andere Kommentare in meinem Kopf herumschwirren, die ich aber leider nicht mehr nutzen konnte, denn Reiner stand plötzlich vor mir, mit gesengten Kopf und geradezu reumütig entgegnete er mir: "Ja, schon gut. Ich wisch ja schon ab. Aber bitte hören Sie jetzt auf!" Dabei hatte mir grad noch Franz zugeflüstert, dass Reiner auf Lynn steht und wenn ich das rufen würde, ... Aber wie gesagt, Reiner wischte ja jetzt brav den Tisch ab.
 
Nach der Pause berichtete mir der aufsichtsführende Kollege, dass einige Schüler fragten, ob ich denn so etwas dürfe. Mit großer Diplomatie kommentierte Herr Dellas den Fall folgendermaßen: "Ja, natürlich, die Frau Dingens darf alles... - Solange es nicht ehrverletzend ist, " schob er im Weggehen noch nach. Nur um juristisch auf der sicheren Seite zu sein...

Zum Ende des Schultages lernte ich noch von einer meiner Lieblingszehnten, dass die besonderen drei Worte nicht "Ich liebe dich!" sind, sondern "Fick mich, bitte!"

Samstag, 18. Februar 2012

Sperenberg oder Du kommst da net rein

Die unendlichen Weiten der brandenburgischen Heidelandschaft, die typischen Kiefernwälder, die auf dem typischen glazialen märkischen Sand wuchern, verstecken manchmal Erstaunliches, Beeindruckendes, aber auch Beklemmendes, wie beispielsweise den ehemaligen Truppenstandort der Sowjetischen Armee in Sperenberg. Der Haupteingang dieses noch heute mit Stacheldrahtzaun und dicken Mauern abgesperrten Areals war verriegelt, verrammelt und, wie gesagt, mit Stacheldraht gesichert. Doch nur wenige Meter weiter war der Zaun schon niedergetrampelt und gewährte Einlass in die vergangenen Zeiten sowjetischer Besatzung. Die Kulisse, die aus verfallenen typischen DDR-Platten bestand, war keinesfalls bedrohlich, dennoch für mich bedrückend. 
Doch das eigentliche Ziel sollte der ehemalige sowjetische Militärflugplatz sein. Zunächst einmal völlig planlos übers Gelände gestolpert und auch noch mit einem unguten Gefühl eines der alten Wohnhäuser betreten. Schließlich stand da überall "Betreten verboten. Lebensgefahr". Dennoch, immer erst mal rein da. Die Neugier war schließlich größer. 

Allerdings meldeten sich dann nach soviel Abenteuer zwei natürliche Bedürfnisse. Oben musste was rein, naja und unten ...

Dank der modernen Technik fand sich schnell eine Lokalität mit guter bürgerlicher Hausmannskost und Toiletten. Auf die Frage, wie man auf den Militärflughafen käme, murrte der Kneiper nur "Da kommt man nicht rein, da ist alles abgesperrt. Außerdem gibt's da einen Wachschutz. Ist ja schließlich betreten verboten." Sollte diese Auskunft schon das Ende des Abenteuers sein? Die Antwort darauf war so knapp wie präzise: Nein!
Der modernen Technik folgend, also einem Smartphone mit GPS und Internetverbindung, fand sich quasi der Hintereingang des Geländes, der auch so völlig unbewacht im Hinterland lag. Quer durch den Wald und durch den gefährlichen märkischen Treibsand lag das Ziel. Keine Sperrscheibe, kein Verbotsschild und kein Stacheldraht versperrte den Weg auf die ehemalige Landebahn des Militärflughafens, der noch vor kurzen zum neuen Berlin-Brandenburger Hauptstadt-Flughafen ausgebaut werden sollte. Es war aufregend, auch wenn nicht viel zu sehen war. Die Tatsache auf historisch bedeutsamen, aber auch durch die Russen mit Kerosin verseuchten Boden zu stehen, glich dem Trip mit einer Zeitmaschine. Doch diese Erfahrungen hat auch schon Dieter Steyer gemacht und hier veröffentlicht.

Landebahn, Militärflugplatz Sperenberg

Passagierterminal, Militärflugplatz Sperenberg

Freitag, 10. Februar 2012

So ausgelutscht...

Zum gestrigen Tag muss ich eben noch einen kleinen nachträglichen Eintrag tätigen, denn gestern war ich einfach nur unfassbar platt, platter wie 'ne Flunder. So acht Stunden am Stück und gefühlt ohne Pause... Mann, mann, mann, da konnt ich wirklich nicht mehr denken.
Der Tag begann frostig und mit Schnee. Noch keine Katastrophe, aber nicht wirklich schön. Am Dienstort angekommen, fiel mir eine größere Traube Schüler vor dem Schaukasten auf. Ich ahnte schon meine persönliche Katastrophe. Denn Menschenmassen vor dem Schaukasten heißt, dass es einen Vertretungsplan gibt und für mich konnte das nichts Gutes heißen, denn eigentlich hätte ich zwei Freistunden. Eigentlich. Laut Katastrophen-, ähm Vertretungsplan begann ein langer Tag für mich also mit Vertretungsunterricht. Da ich ja nun mittlerweile eine erfahrene und gestandene Pädagogin bin, stand ich dennoch kurz vor einem Nervenzusammenbruch, weil ich die Zeit doch brauchte, um meine lange to-do-Liste abzuarbeiten und den auf ein stattliches Maß angewachsenen Berg Test zu korrigieren.
Ich stand vor den Achten und bevor ich überhaupt wusste, was ich mit den Kindern machen sollte, bewegte sich mein Mund und ich wunderte mich, was da raus kam, denn ich fragte: "Geh'n wir raus und bauen einen Schneemann?" Die Begeisterung, die mir dann entgegen schlug überraschte mich. Also Jacke an und Mütze auf und raus in den Schnee. Das stattliche Ergebnis von etwa 30 Minuten harter Arbeit im Schnee sah dann unter anderem so aus.
Schneeballschlacht und Schneemann bau'n

Dann kämpfte ich mich durch die ersten beiden regulären Stunden. Nach diesen zwei Stunden hatte ich das Gefühl, ich müsste ganz dringend nach Hause ins Bett, aber vorher noch eine ausgiebige Menge Alkohol bestenfalls sehr hochprozentig und direkt intravenös. Als dann die Neunte in meinen Raum trat, war ich abermals kurz vor einem Nervenzusammenbruch und ich glaube, mein linkes Auge zuckte schwer unkoordiniert und ich hatte auch schon einen leichten Würgereflex, der sich allerdings im Laufe des Tages noch verstärken sollte. Vermutlich pflegte ich dazu auch noch eine äußerst blasse und mutmaßlich leicht grünliche Gesichtsfarbe. Anna sah mich ganz mitleidig mit großen Knopfaugen an. "Oooch, Frau Dinges, Sie sehen so ausgelaugt aus. Geht es Ihnen nicht gut?" Mein Kopf knallte auf die Tischplatte, es tat sogar ein bisschen weh, denn mir wurde soeben aufs Dramatischste bewusst, dass das jetzt erst meine reguläre dritte Stunde ist und ich noch vier Stunden vor mir hatte. Ich richtete mich auf, stellte mich vor die Klasse und versuchte irgendwie wieder Haltung anzunehmen, wohl eher schlecht als recht. Als ich das Begrüßungszeremoniell, also mit Aufstehen und so Gedöns, halbwegs würdevoll hinter mich gebracht hatte, zwinkerte Mario mir zu. Für einen winzigen Augenblick fühlte ich mich ganz anders, denn der Junge schaute mich eben nicht so an als sei ich nur seine Lehrerin. Möglicherweise lag das aber auch nur daran, dass Mario einen ganz leichten Silberblick hat. Dennoch war das eindeutig zweideutig. "Frau Dingens, Sie wirken so ausgelutscht..." Dann setzte er noch eine anzügliche Bemerkung nach und ich glaube, ich antwortete irgendwas mit "wenn du in der Zehnten deinen Abschluss gemacht hast, dann können wir darüber nochmal reden." Manchmal vergesse ich doch fast, dass ich pubertäre Schüler vor mir habe.
Genauso erging es mir dann mit einem unserer zahlreichen Mäxe (Ich muss daran denken, den lieben Herrn Schiller zu fragen, ob es einen Plural von Max gibt.) Nach einer gefühlten Drei-Minuten-Pause musste ich wieder in den Unterricht, aber Max versperrte mir den Weg. "Sie kommen hier nicht vorbei. Erst eine Umarmung!" Eine meiner einfachsten Übungen ist es mittlerweile Schüler zu umarmen. Am Anfang war das undenkbar. Schließlich hielt ich das für absolut unprofessionell und außerdem muss doch auch immer eine gewisse Distanz zwischen Schüler und Lehrer gewahrt bleiben. Doch heut seh ich das anders, grundsätzlich entspannter. So legte ich meine Arme um Max, meine Hände legten sich auf seinen Rücken und drückte ihn fest an mich. Er trat zur Seite und sagte nur noch "manno, jetzt hab ich 'n Steifen." In der nächsten Stunde saß er in meinem Fachraum, auf meinem Stuhl. Er grinste frech. "Wenn Sie sich setzen wollen, dann müssen Sie sich schon auf meinen Schoß setzten." Ich hätte kein Problem gehabt, das zu tun, aber Max im Gegensatz zu mir schon. Blitzschnell sprang er auf, schüttelte den Kopf und brummelte: "Och, ne,  lieber doch nicht, sonst krieg ich wieder 'n Steifen!" - Komisch, passt irgendwie zu Marios Kommentar von wegen ausgelutscht und so...

Dienstag, 7. Februar 2012

Synonym und Antonym

Immer wieder werde ich von Schülern gefragt, ob ich denn beim Friseur gewesen sei. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht haben die Schüler irgendeine merkwürdige Wette laufen oder es handelt sich dabei um eine Art Lehrerbingo.

Mitten im Unterricht und völlig ohne Zusammenhang (aber im Grunde ist das wiederum keine Überraschung, denn Schüler machen das ständig) fragte Robert mit seinem süßesten Lächeln als sei er die Unschuld vom Lande: "Frau Dinges, waren Sie beim Friseur?" Ich packte mir ebenfalls mein süßestes Lächeln ins Gesicht (nur das man mir die Unschuld vom Lande nun leider nicht mehr so abkauft) und antwortete leise aber scharf: "Das ist ja schon der Running-Gag. Ständig werde ich das gefragt. Langsam wirds nervig." Ich strahlte siegessicher, denn ich glaubte routiniert zu kontern, indem ich vermutlich etwas übertrieben freundlich hinzufügte, wobei mein Lächeln sogar noch etwas breiter wurde: "Aber wenn das ein Synonym dafür sein soll, dass ich gut aussehe, dann ist das schon so in Ordnung." In diesem Moment bin ich davon ausgegangen, dass ich den Schlagabtausch gewonnen hatte. Schließlich wartete ich darauf, dass sich Robert blamiert und fragen würde, was denn überhaupt so ein Synonym sein soll. Doch ich hatte mich böse geirrt. Robert konterte eiskalt. "Nein, das soll ein Antonym sein." - "Boah", platzte es aus mir heraus, "du bist so fies!" Ich musste lachen. Zuerst natürlich über mich, weil ich den Jungen in diesem Moment total unterschätzt hatte. Und so hab ich leider nicht verstanden, was Robert antwortete. Nun im stillen Kämmerlein hoffe ich, dass er etwas mit "Scherz" gemurmelt haben könnte. Komisch war an dieser Stelle nur, dass die ganze Klasse nicht gemerkt hat, wie mich Robert eiskalt abserviert und gedisst hat und das nur weil ich dachte, dass der Junge keine Fremdwörter kennt. 

Was lehrt mich die Geschichte? Man soll seine Feinde nie unterschätzen? Aber mal ganz ehrlich, die meisten Schüler kennen tatsächlich keine Fremdwörter und sollten sie tatsächlich mal welche kennen, dann wissen sie nicht, was sie bedeuten...

Sonntag, 5. Februar 2012

Neulich beim Frühstück

Als ich vor einigen Tagen bei einem lieben Freund übernachtete, war ich beim Decken des Frühstückstisches behilflich. In seinem Kühlschrank fand sich neben Käse, Wurst und Butter, auch ein Gläschen "Nasenbluten", welches sich als Edbeermarmelade herausstellte. Nachdem ich grad eben mal schnell gegoogelt habe, fanden sich unter dem Label "Etikettschwindel" noch andere lustige Dinge, wie beispielsweise "Eiter", "Monatsregel" oder auch "Stuhlgang". 

Auch wenn Nasenbluten draufsteht, ist der Inhalt ziemlich lecker.

Freitag, 3. Februar 2012

Freitagsfüller Nr. 17

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  1. Bei dieser Kälte  mag ich am liebsten mit meinen Kuschelsocken und heißem Tee zu Hause unter einer kuscheligen Decke bleiben.
  2. Meine Ferien sind schon fast wieder vorbei.
  3. Facebook  halte ich für gefährlich und völlig überbewertet.
  4. Genug für heute, ist ja auch schon spät.
  5. Keine Sorge, irgendwie gehts doch immer weiter. (und direkt 5 € ins Phrasenschwein)
  6. Meistens halte ich es ganz gut aus mit mir, trotzdem würd ich keine Beziehung mit mir führen wollen.
  7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf Quatschen mit lieben Menschen, morgen habe ich große Wäsche geplant und Sonntag möchte ich mich besonders fleißig und motiviert auf das zweite Schulhalbjahr vorbereiten!

 Freitagsfüller # 149, gefunden bei Barbara

Greta singt

In Paris hab ich eine ehemalige Schülerin in einem kleinen Club, dem "Le Tennessee" singen hören und wenn man sich durchs World Wide Web googelt, dann findet sich der eine oder andere Titel von Miss Lansen. Ich mag die Stimme von dem Mädel, obwohl ich sie auch schon mit mehr Feuer gehört habe...