Freitag, 3. August 2018

Altenburg

Wer eine Reise macht, der kann was erzählen. Dieses alte Sprichwort bewahrheitete sich heute bei mir mal wieder. Ich bin mit der Deutschen Bahn unterwegs. Beim Gleiswechsel durch eine Unterführung fällt mir ein braungebranntes Pärchen auf. Beide berucksackt. Er bewegt sich schnellen Schrittes, sein Oberkörper nach vorn gebeugt. Vielleicht ist er mit dieser Körperhaltung schneller oder sein Rucksack ist so schwer. Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, dass sie nicht genau weiß, wo sie hin müssen. Sie schaut sich unsicher um.
Vor uns befinden sich schwingende Glastüren (gläserne Schwingtüren?). Er streckt seinen rechten Arm aus, den Oberkörper immer noch nach vorn gebeugt. Schwungvoll schiebt er die Tür auf. Wie bereits erwähnt hat er es eilig. In dem Moment, in dem ich noch hoffte, dass er seiner Freundin (Frau?, Partnerin? Anhängsel?) die Tür aufhält, geht er durch. Mit der bekannten Eigenschaft einer Schwingtür, schwingt sie zurück und schlägt ihr fast ins Gesicht.
Beide bleiben wenige Augenblicke später beim Aufgang zu Gleis 3 und 4 stehen. "Altenburg" höre ich sie sagen. Er sagt nicht viel. Sie gestikulieren wild mit den Armen. Es sieht wie eine Diskussion aus, nur ohne Worte und mit ganz viel Arme rudern.
Ich wuchte meinen Koffer die Treppe hoch. Mein Zug fährt von Gleis 3 und hält auch in "Altenburg". Der Mann hat es immer noch eilig und sprintet an mir vorbei, die Treppe hoch. Sie ist unsicher, wedelt mit den Armen und flüstert immer wieder fragend "Altenburg". Er antwortet nicht. Sie war fast neben mir. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie mich fragt. Schließlich besteht ihre Frage ausschließlich aus dem Wort "Altenburg?"
Kommunikation ist doch was Schönes, denke ich so bei mir und antworte: "Da." Mein rechter Arm zeigt die Richtung und ich ergänze meine Auskunft mit den Worten: "Ich glaube, auf Gleis 3." Das muss reichen, dachte ich noch so bei mir. Minimalistischer kann ein Gespräch nicht ablaufen.

Auf Gleis 3 findet sie weder auf der Anzeige des Gleise noch auf dem Zug den gewünschten Zielort "Altenburg", sondern "Halle". Sie schaute mich an und wiederholt "Altenburg" als hätte ich sie nicht richtig verstanden. Ich antwortete: "Ja, Richtung Halle, Leipzig." Sie zeigte mit ihrer rechten Hand auf den Zug auf Gleis 3, der Zug, auf dem "Halle" stand und wollte es nun noch einmal ganz genau von mir wissen: "Der?". Ich lächelte, also ich denke, dass ich lächelte, nickte und sagte "Ja." Ich stieg ein und suchte mir einen Platz. 

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