Dienstag, 23. Januar 2018

Ein Stift zum Stundenende

Der Unterricht in der Neunten neigt sich dem Ende zu. Es sind nur noch zwölf Minuten bis zur Pause, vielleicht waren es auch nur noch zehn. Ich bin mir nicht ganz sicher.
Ein junger Mann meldet sich, ach was sag ich, er winkt. Er ist sehr, sehr aufgeregt. Seine blauen Augen hat er weit aufgrissen. Sein Verhalten, das dem eines aufgescheuchten Huhnes gleicht, lässt mich darauf schließen, dass das, was er sagen möchte, wirklich mal so richtig wichtig ist.
Ich möchte ihn ja gerne aufrufen, aber ich bin nicht schnell genug. Nun, ich bin ja auch nicht mehr die Jüngste. Um seiner Meldung weiteren Nachdruck zu verleihen, ruft er zusätzlich meinen Namen: „Frau Dingens, Frau Dingens!!!“ (Und wenn ich drei Ausrufezeichen schreibe, dann meine ich das so.)
Ich frage ihn, was denn so kurz vor Unterrichtsschluss so wichtig sei. Er fragte in seinem zuckersüßeten Säuselton, ob er auf Toilette dürfe. "Es sind doch nur noch ein paar Minuten bis zur Pause", entgegnete ich ruhig. "Aber, aber... Frau Dingens, der Stift malt schon..."

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