Freitag, 16. November 2012

Pups-Post

Die Jugend von heute stellt manchmal schon merkwürdige Dinge an. Das Ganze wäre nicht so schlimm, wenn sie mir nicht ständig und ohne Hemmungen davon berichten würde. Aber davon abgesehen, bin ich ja dann doch auch die offenherzige Berichterstattung meiner Schüler gewohnt. So berichtete mir Tim, dass Justus ganz coole Aufnahmen auf seinem Händy hätte und da ich doch auch schon manchmal ein klein wenig neugierig bin, setzte ich den "Erzähl doch mal"-Blick auf. Ich hatte in dem Moment ein wenig Angst und wusste in weniger als einer Sekunde, dass ich dieses Interesse bereuen würde. Tim erzählte, dass Justus das aufnahm, was zumindest die meisten von uns verschämt, leise und möglichst unauffällig tätigen. Es gibt also stinkende Tondokumente von seinen Flatulenzen, auch Pupse, Fürze oder veraltet Winde genannt. Diese Geschichte irritierte mich. Doch die Nachfrage, ob ich das denn mal hören wolle, verstörte mich, nun nicht gerade zutiefst, aber dennoch verstörend. Ich runzelte die Stirn, schüttelte mit leicht angewiderten Blick den Kopf und lehnte ab. Tim und Justus lachten sich scheckig. Also wie gesagt, die Jugend von heute stellt merkwürdige Dinge an.
Im Kollegium berichtete ich nun diese Geschichte. Herr Schillers Blick wirkte zunächst ein wenig verstört und er fragte dann, vermutlich nur sicherheitshalber und wegen der Akustik, doch nochmal nach: "Was? Seine Fürze?" Ich nickte nur kurz. "Also wie muss man sich denn das dann praktisch vorstellen?", fragte Herr Schiller. (Mein Deutschlehrer nervte mich früher schon immer mit diesen sogenannten rhetorischen Fragen.) So riss ich nur verdutzt die Augen auf, denn das wollte ich mir nicht praktisch vorstellen, unter gar keinen Umständen. Aber Herr Schiller sprach unbeirrt weiter. "Da hält man sich also das Händy an den Arsch und lässt einen fahren." Ja, dachte ich noch so bei mir, so muss es wohl sein und hatte schon böses Kopfkino. Nochmal vielen Dank, Herr Schiller!

Dann brach herzhaftes Gelächter im Lehrerzimmer aus. Herr Schiller berichtete nun davon, dass sie sich (damit meinte er wohl seine Freunde) als sie jung waren, die Fürze wenigstens noch angezündet haben. Außerdem war diese Aktion so vor 20 oder 30 Jahren kaum denkbar. Herr Schiller sah Herrn Drechsler an, lachte laut und rief mit aufmunternder Geste: "Schließ doch erstmal das Mikro an! Und stell dir mal vor, wie schwer diese Geräte damals waren, eh man das über'n Tisch gewuchtet hatte und dann halt das mal lang genug bis der passende Sound drauf ist..." Herr Schiller und Herr Drechsler hatten vor Lachen Tränen in den Augen. Ich gehe davon aus, dass sie die High-End-Geräte aus DDR-Zeiten im Kopf hatten und sich dabei vorstellten, wie diese Aktion mit ihren Freunden vor gefühlten hundert Jahren ausgesehen hätte.
Bei mir war es ähnlich, denn ich ging mit Kopfkino nach Hause und gugelte dann schnell mal ein Bild des stylischen holzgetäfelten Sternrekorders meines Vaters. Für solche Aktionen, wie mal eben schnell einen Furz aufnehmen, war der auch nicht gemacht, denn einfach zu schwer und zu unhandlich als dass ich ihn mir für diese Aufnahme hätte an den Hintern halten können...

1 Kommentar:

  1. Immer wieder schön von Euch zu lesen. Danke für die kurzweiligen Berichte und Grüße aus dem fernen Dorf
    Claudia K.

    AntwortenLöschen