Montag, 26. März 2012

Kuttner oder Don't be maybe

Noch so beiläufig, vielleicht auch etwas versonnen sag ich zu Tom: "Zur Jugend von heute zähl ich mich schon längst nicht mehr!" Mit dieser Aussage wollte ich eigentlich das Gespräch beenden, doch Tom entgegnet: "Ja, zu was denn dann?" Damit hatte ich nicht gerechnet. Die Frage ist wirklich gut und mit Sarah Kuttner war ich auf der Suche nach einer Antwort. Ich betone auf der Suche!

Sarah Kuttner erzählte auf der Buchmesse etwas von der Generation "Hängetasche", von der ich allerdings bis dato noch nie etwas gehört hatte und offen gestanden bis heute auch noch nicht weiß, was damit gemeint sein soll und im Grunde will ich es auch nicht wissen, da ich davon ausgehe, dass dieser Begriff auf meine Generation ähnlich präzise zutrifft, wie das Etikett "Generation Porno" auf die Jugend von heute. Nämlich gar nicht oder aller höchstens bei ganz grober Betrachtung vom Mond aus, ohne Brille und zugekniffenen Augen.

Mit Anfang 20 trifft man Entscheidungen. Mit Anfang 30 trifft man relevante Entscheidungen. Das ist wohl der Unterschied. Es verändert sich einiges oder alles? Die "ersten Male" werden seltener. Es ist im Grunde ja ganz gut, dass man endlich mal eine Ahnung davon bekommt, wie es so läuft. Aber so ein erstes Mal ist immer aufregend, weil man eben noch nicht weiß, wie es sich anfühlt, weil man "es" noch nie erlebt hat.
Aber worüber lamentieren wir eigentlich? Und Sarah Kuttner hat recht, wenn sie davon spricht, dass wir keine wirklichen Probleme haben, dass wir die Freiheit haben. Diese unendliche Freiheit mit unendlichen Möglichkeiten. Du kannst alles werden, suggeriert die Werbung im Sinne von "Don't be maybe!" Was aber, wenn ich das gar nicht will. "Du könntest eine eigene Kollektion entwerfen!", bekommt Sarah von einer Freundin zu hören. Mit leicht verstörtem Blick entgegnet Sarah: "äh, ja... und warum?" - "Na, ganz einfach, weil du es kannst!"

Ja, genau, weil du es kannst! Mit "Don't be maybe" wirbt ein Zigarettenhersteller. Wird mit solchen Sprüchen nicht ein Druck aufgebaut, dass man alles werden muss. Schließlich kann man ja alles wollen, dürfen, müssen. Ach nein, die wollen auch nur ihre Zigaretten verkaufen. Verflixt und schon wieder hat Sarah recht. Und wenn man eigentlich glücklich ist, so im Supermarkt an der Kasse, dann sollte man da auch bleiben und nicht glauben, weil der Bohlen wieder einen neuen Superstar sucht, das auch können zu müssen.

Und warum erzählt uns die lustige Frau Kuttner alles das und außerdem, dass sie ihren Job genauso mag, wie er ist. Schließlich habe sie sich genau diesen Job rausgesucht, weil sie da nicht viel arbeiten muss und weil sie im Grunde ein fauler Mensch sei, der am liebsten zu Hause auf der Couch liegt und in der Nase bohrt. Sie möchte, so vermute ich jetzt mal ganz dreist, auch nur ihr Buch verkaufen. Dann eilt sie geschwind von der Bühne, um danach noch leicht hektisch Jan Hofer zu umarmen und direkt zum nächsten Termin zu hetzen.


Sarah Kuttner auf der Leipziger Buchmesse, 17.03.12


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