Montag, 23. November 2015

Die Jugend von heute ist besser als ihr Ruf

Heute morgen musste ich mal wieder Bus fahren. Bedauerlicherweise, denn meine ausgesprochen sympathische und sonst äußerst zuverlässige Mitfahrgelegenheit war heute unpässlich. 

Ich betrat den Bus. Der Busfahrer freute sich auch mich mal wieder zu sehen. Dann begann das alte Spiel und ich suchte mir einen Sitzplatz. Das erwies sich anfänglich als ein etwas schwierigeres Unterfangen, denn der Bus schien voll besetzt zu sein. In erster Linie zwar von Schülern, aber in zweiter Linie von Taschen, Rucksäcken und dicken Winterjacken. Als ich dann ganz hinten im Bus angekommen war, machte sich der Frust in mir breit: So ein Mist, so früh, kalt draußen und noch nicht mal ein Sitzplatz. Doch dann räumte eine freundliche, aber sehr ruhige Achtklässlerin Jacke und Tasche vom Platz neben sich und ich konnte mich setzen. Ich schloss die Augen, stöpselte mir die Kopfhörer ein und startete die Musik. Nichts hören und nichts sehen - das wünschte ich mir. Ich erwartete eine ruhige Fahrt, in der die Schülerbande um mich herum auch nur Musik hört oder irgendwie halbherzig noch irgendwelche Vokabeln lernt.

Das war auch so. Ungefähr zehn Minuten. Bis Lars, Leon und Paul einstiegen. So ziemlich coole Neuntklässler. Leon kramte aus seiner Tasche eine richtig fette Box. Ihr wisst schon einer diesen sofarollenähnlichen, schwarzen Teile, die in den wildesten Farben funkeln und blinken und aus denen ein unfassbar fetter Sound kommt. Das kann Spaß machen, wenn es die richtige Musik ist. Aber bekanntermaßen kann man über einen guten Musikgeschmack fantastisch streiten.
Zunächst bewunderte Lars die bunten Farben, das Leuchten, das Blinken und jede Farbeinstellung hatte einen anderen Namen. Ich war beeindruckt. Jedes Mal, wenn Lars den Farbeffekt änderte, tippte er Leon an und fragte nach dem Namen. Dafür musste Leon jedes Mal seine Ohrstöpsel aus dem Ohr ziehen und nochmal nachfragen, was Lars denn wolle.
So weit. So gut. Doch dann zückte Lars sein Händy und ich ahnte schon Schlimmes. Er verband sein mobiles Multifunktionsgerät mit dem man auch zufälligerweise telefonieren kann mit der portablen Soundanlage. Ich bekam schlechte Laune und mein Magen grummelte schon vor schlechter Vorahnung. Meine Musik konnte ich jetzt getrost stoppen, denn davon werde ich jetzt sowieso nichts mehr hören können. Dann dachte ich noch so bei mir "Die Jugend von heute... Kein Respekt und beschissener Musikgeschmack." Hauptsache laut, es macht itz, itz oder wahlweise auch bumm, bumm.

Doch dann kam alles ganz anders. Ich bekam schöne melodische Stücke zu hören. Klar, auch mit viel itz, itz und bumm, bumm, aber einfach schöne Titel. Aber dann kamen die richtigen Überraschungen: eine nachdenkliche Ballade von Philipp Dittberner - Das ist dein Leben. Oder Cro mit einer schönen Unpluggednummer. Oder auch ein einfühlsamer Titel, der sehr liebevoll eine besondere Frau im Leben besingt, nämlich die Oma. Bedauerlicherweise weiß ich nicht, wer dieses schöne Lied singt...


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