Mittwoch, 23. Mai 2012

Busgeschichten

Heut war mal wieder Busfahrtag. Ich begebe mich nun mal wieder gemächlichen Schrittes zur Bushaltestelle. Alles wie gehabt. Nur an diesem Morgen traute ich meine Augen kaum. Einige hundert Meter entfernt stand ein Junge und ich wunderte mich, weil mich das merkwürdige Gefühl beschlich, dass ich den Jungen kennen sollte. Natürlich müssen etliche meiner Schüler auch zu dieser Haltestelle. Doch warum sollte da plötzlich einer meiner Schützlinge an der Straße auf mich warten. Doch nicht etwa um ein paar Meter mit mir zur Haltestelle zu laufen?
Ich runzelte die Stirn und glaubte meinen Augen kaum. Das muss doch der kleine Schuster sein, der mich mit seinem rotzigen Verhalten im Unterricht schrecklich nervt. Der immer, wenn ich ihn ermahne, seine blauen Kulleräugchen aufreißt und den Unschuldsengel gibt. Das hat der Kleine echt gut drauf, denn er ist verflixt knuffig. Anfangs funktionierte die Masche bei ihm noch echt gut, aber das wächst sich ja glücklicherweise mit Zeit ziemlich schnell raus.
Wie mir noch so diese Gedanken durch den Kopf kreisen und ich dem Jungen immer näher komme, wird das Bild deutlicher. Nein, es ist tatsächlich der kleine Schuster, der mich frech angrinst. Er tippt auf seine Uhr und brüllt quer über die Straße "Für die paar Meter mehr als drei Minuten. Sie sind ja wirklich langsam." Verdutzt überquere ich die Straße und trau mich nicht einmal zu fragen, wie er denn auf die Idee gekommen sei auf mich zu warten. Im Grunde denke ich nur mal wieder bei mit "Ne, wie süß! Isser nich knuffig!" Wir gehen die wenigen Meter gemeinsam zur Bushaltestelle und unterhalten uns übers viel zu frühe Aufstehen.
Kurz nachdem wir die Bushaltestelle erreicht haben, verdrückt er sich ohne einen Blick zu seinen Klassenkameraden und ich wundere mich immer noch. Da hat doch der kleine Schuster tatsächlich auf mich gewartet. Isser nicht knuffig!

Nach Unterrichtsschluss steige ich wieder in den Bus. Neben mir ist noch ein Platz frei. Normalerweise machen die Lieben da keinen Terz mehr und setzen sich einfach neben mich. Doch da kommt Marek, grinst mich frech von der Seite an und brüllt durch den ganzen Bus: "Ey, Dingelchen, kann ich hier mal hin?" - Ich stutze. Da muss ich mich wohl verhört haben. Jetzt muss ich wohl doch nochmal die böse, strenge Lehrerin raushängen lassen. Mit einem harten Blick fahre ich ihn scharf an. "Vergiss es! Und schon erst recht nicht in diesem Ton!" Leicht verschämt und mit entschuldigender Geste fragt er nun: "Ja, schon gut, entschuldigen Sie, Frau Dingens, darf ich mich hier hinsetzen?" Ich nehme meine Tasche vom Sitz, nicke nur huldvoll und er setzt sich.
Doch plötzlich dröhnt die tiefe Stimme von einem unseren zahlreichen Mäxe aus der Zehnten durch den Bus. "Ey, Daniel, schau mal, hier drüben! Der Kleine hier aus der Siebten macht sich an deine Freundin ran!" Ich grinse mir einen ab, packe mir meine Kopfhörer mit schön laut Musik auf die Ohren und denke mir meinen Teil. Man muss auch nicht immer alles kommentieren!

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