Freitag, 5. Mai 2017

Ohne Worte spricht mein Körper

Vor ein paar Tagen war ich im Ausland unterwegs. Spazierenderweise genoß ich die Sonne und den Park. Vor mir lief eine kleine Gruppe, vermutlich ein Vater mit seinen beiden Jungs. Die Jungs hatten Papier in den Händen. Bloß gut, dass auch gerade ein Mülleimerauf dem Weg rumstand. Naja, im Grunde stand da ja alle paar Meter einer. Glücklicherweise war das in dem Fall so. Normalerweise kenne ich das eher so, dass man eben keinen Mülleimer findet, wenn man einen braucht. Aber von fehlenden Mülleimern möchte ich heute nicht berichten. Vielleicht, bei Bedarf ein anderes Mal...

Also die Jungs waren durchaus bemüht ihren Müll im besagten Mülleimer zu entsorgen. Nur wer kennt das Problem nicht. Das Papier klebt an den Fingern oder man hat die Flugbahn des Papiers falsch berechnet oder man schüttelt das Papier so locker aus dem Handgelenk, um wenigstens den Anschein zu erwecken, dass man ja das Papier auch wirklich in den Papierkorb werfen möchte. Keiner will ja als Umweltschwein gelten und selbstverständlich entsorgen wir unseren Müll im entsprechenden Behälter. Gerade wir Deutsche sind ja ganz vorne dabei, was Müll sortieren angeht. Die Jungs also schütteln so locker - flockig ihr Papier aus dem Handgelenk und es landet direkt neben dem Papierkorb. Der Jüngere schaut fragend zu dem Älteren hoch. Der Ältere zuckt mit den Achseln und entgegnet in einer Sprache, die ich weder spreche, geschweigedenn kenne, vermutlich etwas wie "Dumm gelaufen" oder "Pech".
Ich schaue den Kleinen an. Streng, sehr ernst und vielleicht auch ein bißchen giftig. Eben so ein klassischer Lehrerblick. Meinen Zeigefinger richte ich auf das Papier, das eben aus seinen kleinen Händen direkt neben den Mülleimer flog. Unsere Blicke treffen uns. Er versteht mich ohne das wir auch  nur ein einziges Wort gewechselt haben. Wie hätten wir das auch tun sollen. Schließlich sprach der Junge eine Sprache, die mir absolut fremd war.

Zu meinem großen Erstaunen ging er nicht weiter. Er blieb kurz stehen, beugte sich nach vorn, um das Papier aufzuheben und in den Papierkorb zu werfen. Ich blickte meine Begleitung an und riss ungläubig meine Augen auf, denn ich konnte nicht fassen, was eben passiert war. Hatte ich tatsächlich einen fremden Menschen nur mit meinem Blick und einer kleinen Geste dazu gebracht, das zu tun, was ich wollte?


Kaum einer denkt darüber nach, welche Wirkung sein Auftreten auf Andere hat. Wir sprechen doch miteinander. Es reicht doch vollkommen aus, wenn Wörter aus unserem Mund fliegen. So müsste man doch meinen. Dieses Erlebnis zeigt mir mal wieder deutlich, dass die Wirkung von Worten wohl sehr eingeschränkt sein muss.

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