Sonntag, 27. März 2016

Bela B. fährt Bus

Gestern war ich mit mal wieder mit dem Bus unterwegs. Ich stand an der Haltestelle und fummelte so an meinem Kopfhörern rum. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass der Bus die Haltestelle ansteuert und ich traute meinen Augen kaum. Mein erster Gedanke war: "Der kleine Bruder von Bela B. fährt im Erzgebirge Bus. Obwohl es könnte auch sein Sohn sein."
Doch bevor ich die Geschichte erzähle, spielen wir doch mal das beliebte Spiel mit den Vorurteilen. Öffnet jetzt mal die Schublade, auf der "Busfahrer" steht. Bei mir jedenfalls ist da ein älterer Herr drin, bei dem das Diensthemd ein klein wenig über dem Bauch spannt und die graue Strickjacke, die er trägt, ist schon ein bisschen abgeschubbert. Diplomatisch formuliert hat das mit Sicherheit bequeme Kleidungsstück seine besten Jahre hinter sich. Der Herr ist schon grau und die Haare sind dünn. 
Souverän, wenn auch lustlos manövriert er den Bus auch durch die engsten Kurven. An dieser Stelle fallen mir noch die bösen Seitenhiebe eines LKW-Fahrers ein, der behauptete, dass Busfahrer nur geradeaus fahren könnten. Vermutlich ist das auch so ein formschönes Vorurteil. Als Fahrgast wartet man vergeblich auf eine Reaktion, wenn man den Bus betritt. Kommunikation ist auch überbewertet. So erhält man wortlos seinen Fahrschein, denn der Herr kennt natürlich das gesamte Tarifangebot aus dem Efef. Vermutlich sogar aus den vergangenen zwanzig Jahren.

Doch gestern war das ganz anders. Ich komme zurück zum kleinen Bruder von Bela B. Der junge Mann, der den Bus steuerte, irritierte mich schon auf den ersten Blick, denn er trug eine rote Wollmütze. Auch die Tunnel in den Ohrläppchen waren nicht zu übersehen. Er lächelte mich freundlich an. "Irgendwie süß", dachte ich so bei mir und "Boah, seit wann fährt der kleine Bruder von Bela B. Bus?" Er grüßte freundlich. Nachdem ich den Gedanken vom busfahrenden Ärzte-Familienmitglied beiseite geschoben hatte, reagierte ich mit einem "Hallo" und nannte ihm mein Reiseziel. 
Er runzelte die Stirn und grübelte kurz. "Jetzt muss ich wohl tatsächlich noch arbeiten." Für den jungen Mann war es wohl keine bekannte Standardverbindung. Während er darüber nachdachte, welcher Fahrschein für meine genannte Strecke passen könnte, musterte ich ihn weiter. Seine Augen funkelten blau und am Hals wand sich ein Tatoo  nach oben. Er wog nachdenklich den Kopf. "Ich könnte Dir einmal Verbundraum verkaufen." Er kratzte sich den blonden Fusselbart. "Machst Du das öfter?" Ich stutzte kurz. Ich war überrascht, denn ich spürte, wie mein Hirn eine Millisekunde darüber nachdachte, was er denn wohl meine. Zögerlich entschied ich mich für ein etwas zu leise geratenes "Ähm, nein." 
Unschlüssig drehte er sich und griff hinter den Sitz. Dann lachte er kurz. Seine Grübefalte auf der Stirn verschwand, dann erklärte er mir, dass ich mir doch meinen Fahrschein holen solle, wenn ich umsteige. Dort steht ja schließlich ein Automat und der würde schon wissen, wo ich hin will und er müsse keine Bücher wälzen, um nachzuschlagen, welcher Fahrschein nun der Passende sei. Naja und außerdem wäre dieser Fahrschein doch quasi auch rückwirkend gültig. Ich war verblüfft, ich grinste. "Geht klar! Mach ich." entgegnete ich kurz. Ich suchte mir einen Sitzplatz, grinste noch so ein bisschen vor mich hin und dachte noch so bei mir: "Unglaublich. Der kleine Bruder von Bela B. fährt Bus."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen